Interview mit Dr. Lutz Rittershaus und Peter Lubrich von der Bundesanstalt für Straßenwesen über den MDM der Zukunft
Der MDM macht einen großen Schritt voran und öffnet bis 1. Dezember 2019 sein Angebot für multimodale Mobilitätsdaten. Als neutrale Plattform für Datenaustausch wie auch als Dialogforum für Experten wird der MDM damit noch attraktiver werden.
Über dieses spannende Update sprechen zwei der Verantwortlichen:
Dr. Lutz Rittershaus und Peter Lubrich von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).
Der MDM wird ausgebaut. Worum geht es bei diesem Update?
Lubrich: Bislang war der MDM rein auf den Straßenverkehr ausgerichtet. Dieser Fokus allein auf Kfz deckt natürlich nur einen Teil der mobilen Welt ab. Wir wollen den MDM deshalb für alle Arten von Mobilitätsdaten öffnen, er wird multimodal. Im Grunde setzen wir damit fort, was den MDM schon immer ausgezeichnet hat: Er geht mit der Zeit, ist offen für Innovation und behält die Wünsche und Interessen bestehender und künftiger Nutzer stets im Blick.
Rittershaus: Es gibt auch einen rechtlichen Hintergrund für den Ausbau, und zwar die Delegierte Verordnung der EU, nach der die nationalen Zugangspunkte für Verkehrsdaten künftig möglichst alle Mobilitätsdaten bereitstellen sollen. Also nicht nur für das Auto, sondern auch für den öffentlichen Nahverkehr, die Bahn und vieles mehr. Diese Anforderung erfüllen wir in Zukunft voll und ganz.
Wie sehen die Neuerungen aus?
Rittershaus: Die Beschreibung der Datenangebote ändert sich komplett. Fahrplandaten zum Beispiel sind anders als Echtzeitverkehrsdaten, daher müssen sie auch anders beschrieben werden. Eine Veränderung in dieser Hinsicht betrifft beispielsweise die Georeferenzierung. Bei der Suchfunktion bekommt der Nutzer nicht länger eine Kartendarstellung gezeigt, sondern er kann explizit nach geografischen Namen suchen. Das ist dank der neuen standardisierten Beschreibung möglich. So wird die Suche zielgerichteter. Weiterhin können dann verschiedenste Datenformate und -kategorien angeboten werden. Der MDM wird bunter, das Datenangebot vielfältiger. Gleichzeitig werden die Suchfunktionen nutzerfreundlicher, und Datengeber können ihre Angebote spezifischer beschreiben.
Müssen sich die Nutzer auf Einschränkungen einstellen oder technisch aufrüsten? Bleiben Daten und Schnittstellen erhalten?
Rittershaus: Für die Nutzer ändert sich hier nichts. Der Datenbezug bleibt technisch so wie bisher. Lediglich die Beschreibungen der Datensätze, also die Metadaten, ändern sich zum Teil. Um die Migration der bisherigen Metadaten kümmert sich das MDM Team. Alle vorhandenen Publikationen müssen ja wesentlich detaillierter beschrieben werden. Das erledigen wir. Es kommt einige Arbeit auf uns zu, doch das nehmen wir gerne auf uns, um die Nutzer zu entlasten. Auf eine Sache möchte ich aber noch hinweisen: Zwar können die Nutzer bald Datenangebote anderer Verkehrsträger auf dem MDM finden, doch wird der Datenbezug noch nicht bei allen Datentypen über den MDM möglich sein. In diesen Fällen agiert der MDM als Vermittler auf andere Zugangsquellen, zum Beispiel auf externe Datenportale. Damit möchten wir dafür sorgen, dass Datenangebote, die bisher in anderen Quellen vorliegen, auch im MDM sichtbar sind.
Welche positiven Effekte für den MDM erhoffen Sie sich von den Neuerungen?
Lubrich: Wir erweitern die Zielgruppe massiv und werden für Nutzer aus einer Vielzahl von Branchen und Anwendungsfeldern attraktiver. Mit dem MDM steht auch diesen neuen Usern eine neutrale Plattform bereit, die sich bei unserer bisherigen Community bewährt hat.
Rittershaus: Nicht zu vergessen ist tatsächlich der Community-Aspekt. Als Dialogforum rund um Mobilitätsdaten ist der MDM einzigartig. Bei uns finden Akteure aus Wirtschaft, Forschung und Verwaltung zusammen, eine großartige Mischung, die für wertvolles Networking sorgt. In Zukunft wird der MDM dieses doppelte Ass, also Datenmarktplatz und Forum für Experten zu sein, noch besser ausspielen können.
Zum Schluss ein Blick voraus ins Jahr 2023. Wie wird der MDM dann dastehen?
Rittershaus: Der MDM wird als wesentlicher Bestandteil in einem neuen integrierten Portal für alle Daten rund um Mobilität aufgehen. Die Rolle als zentrale Stelle für den Bezug dieser Daten wird die neue Plattform auch für Datenarten wahrnehmen, für die das heute noch nicht möglich ist, denken wir beispielsweise an die Anforderung, große Datenmengen mit geringsten Verzögerungen und höchster Zuverlässigkeit zu transportieren. Dabei setzen wir auf sehr innovative Technologien für den Datenaustausch. Unter anderem geht es hier um dezentrale Mechanismen. Der technologische Wandel vollzieht sich jedoch eher hinter den Kulissen. Für unsere bestehenden Nutzer wollen wir die bisherigen Routinen so weit wie möglich beibehalten. Wobei zukünftig nicht nur Menschen, sondern auch zunehmend Maschinen den MDM nutzen werden. Maschinen suchen und finden Daten und tauschen sie untereinander aus – ohne dass ein Mensch eingreifen muss. Damit wird der MDM zu einem wahrhaft virtuellen Markt werden.
Lubrich: Wir werden mit dem „MDM der Zukunft“ auch die Themen Datenschutz und Datensicherheit verstärkt adressieren. Gerade beim Stichwort Big Data für automatisiertes bzw. vernetztes Fahren gibt es große Herausforderungen. Riesige Datenmengen müssen in Echtzeit verarbeitet werden. Insbesondere bei Fahrzeugdaten gibt es bislang viele Bedenken zum Datenschutz. Solchen Sorgen werden wir begegnen, indem wir auch weiterhin eine hohe Vertraulichkeit der Daten gewährleisten.
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